Newsletter Abfall Januar 2020

Gewusst wie: Softwareverträge in der Praxis der Abfallwirtschaft

Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft macht auch vor der Abfallwirtschaft nicht halt. Es sind aber große Unterschiede in der Praxis der Beschaffung und Nutzung der hierfür benötigten Software zu verzeichnen:

So schwören die einen auf speziell auf sie zugeschnittene, eigens entwickelte Lösungen. Andere wiederum „begnügen“ sich mit Branchenstandards. Sowohl für die Ausschreibung als für das Vertragsmanagement ist für die Ausgestaltung der Verträge Vorsicht geboten: Standardisierte Musterlösungen bergen Risiken, der Teufel steckt im Detail.

Risiko: Kein ausreichender Einzelfallbezug

Die Beratungspraxis von [GGSC] zeigt, dass vor allem widersprüchliche, lückenhafte oder unpräzise und nicht auf den Einzelfall zugeschnittene oder (v. a.) nicht zum Pflichtenheft passende Softwareverträge ein hohes Maß an Streitpotenzial bergen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil bei der Vertragsgestaltung nicht auf ausdrückliche, gesetzliche Regelungen zurückgegriffen werden kann und auch die schlichte Übernahme von Musterverträgen (zumeist ein gestaffeltes System aus Rahmenverträgen und Konkretisierungen) häufig zu kurz greift. Um das Konfliktpotenzial zwischen dem örE als Softwarenutzer und den Softwareanbietern bzw. –entwicklern vom Beginn an so gering wie möglich zu halten, sollte schon auf den Ausgangsentwurf des Vertrages als Grundlage der Ausschreibung größtmögliche Sorgfalt verwendet werden.

Je nach Szenario können unterschiedliche gesetzliche Regelungen gelten

Erste rechtliche Fragestellungen treten dann schon im Vorfeld der Vertragsgestaltung auf. Je nach Lebenssachverhalt und Fallkonstellation können unterschiedliche, gesetzliche Vertragstypen in Frage kommen. Vom Beschaffungsziel des Bestellers und damit dem Leistungsgegenstand hängt dann z. B. ab, ob beispielsweise Kauf-, Werkvertrags-, oder Werklieferungsrechtsrecht Anwendung findet.

Entscheidend ist, ob und in welchem Ausmaß sich der Beschaffungsbedarf auf ein „fertiges Produkt“ oder eine „Entwicklungsleistung“ richtet. Musterverträge eignen sich dann – je nachdem – bisweilen nicht wirklich für die Vertragsgestaltung oder können nur als erste Grundlage dienen und müssen jedenfalls auf die individuellen Bedürfnisse der Parteien angepasst werden. Außerdem spielen insoweit regelmäßig Fragen nach der Anwendung des Rechts für allgemeine Geschäftsbedingungen mit in die Vertragsanwendung hinein.

Wichtig: Konkretisierung von Rechten und Pflichten

Die Erfahrungen aus der Beratungspraxis von [GGSC] haben gezeigt, dass die Vertragsgegenstände und die vertraglichen Rechte und Pflichten häufig schon im Pflichtenheft nicht genau genug beschrieben und definiert werden: Was soll die Software genau leisten? Dementsprechend gilt für Verträge: Wie sollen die vertraglichen Rechte und Pflichten verteilt werden?

Beispiel Regelungsbedarf: Nutzungsrechte nach Vertragsablauf, Vergütungsfragen

Schlimmstenfalls können Unklarheiten hier zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten und langen Rechtsstreitigkeiten führen. Von daher muss sichergestellt sein, dass das Pflichtenheft (als „Leistungsbeschreibung“) ausreichend präzise gerät und ohne Brüche und Widersprüche mit dem Vertrag verknüpft werden kann. Aber auch auf „Randfragen“ ist zu achten: Dies gilt z. B., wenn der Anwender plant, im Anschluss an das Auslaufen eines Softwarevertrages zwar die Grundstruktur der alten Software weiter zu nutzen, er aber nicht weiter auf denselben Auftragnehmer bzw. dasselbe „Produkt“ angewiesen sein möchte.

Fragen nach der Erstellung und Übergabe von Dokumentationen und z. B. dem Umgang mit Quellcodes können dann v.a. für Entwicklungsverträge in der Zeit nach Vertragsablauf für Blockaden sorgen. Auch hier müssen die Vertragsbestimmungen möglichst präzise gefasst sein. Ähnliches gilt für Vergütungsfragen: Welche Tätigkeiten des Anbieters sind noch von welchen Preisen umfasst, ab wann können Zusatzvergütungen fällig werden? Zusammenfassend sollte jeder potenzielle Software-Anwender gerade für den Fall, dass die Bedürfnisse nicht mit Standard-Software befriedigt werden können, lieber mehr als weniger Vorbereitungszeit einplanen.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei der Erarbeitung und Prüfung von Verträgen über die Beschaffung, die Entwicklung und die Nutzung von Softwareprodukten.

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