Newsletter Abfall Januar 2020

Kein Rechtsschutz für Betriebsführer

Der Betriebsführer, der nicht selbst Betreiber einer Abfallbehandlungsanlage ist, hat keine Klagebefugnis gegen eine an den Betreiber der Anlage gerichtete behördliche Anordnung. Das hat das OVG Koblenz am 23.10.2019 entschieden (Az.: 8 B 11329/19).

Der Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen ist in der Praxis häufig aufgeteilt zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Betreiber (und auch Eigentümer) der Anlage und einem (meist privaten) Unternehmen, das den unmittelbaren Betrieb der Anlage als Dritter im Sinne des Abfallrechts und als Betriebsführer (häufig als Pächter) übernimmt. In solchen Konstellationen ist es mitunter nicht einfach zu bestimmen, ob der Auftraggeber bzw. Eigentümer oder der Auftragnehmer bzw. Pächter „wahrer“ oder „richtiger“ Betreiber der Anlage im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist. Nach der Rechtsprechung ist Betreiber derjenige, der die Anlage in seinem Namen, auf seine Rechnung und in eigener Verantwortung führt, die unmittelbare Entscheidungsgewalt über den Betrieb der Anlage innehat und die wirtschaftlichen Risiken des Betriebs trägt bzw. den bestimmenden bzw. maßgeblichen Einfluss auf die Lage, Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Danach können sowohl ein Eigentümer als auch ein Pächter als auch beide gemeinsam Betreiber einer Anlage sein. Maßgeblich ist, wie die Verantwortlichkeit für die Anlage konkret geregelt ist.

Der Fall des OVG Koblenz

Im Fall des OVG Koblenz hatte die Stadt Neustadt durch ihren Eigenbetrieb Stadtentsorgung einem privaten Unternehmen mit einem Pacht- und Betriebsführungsvertrag das Gelände einer Bauschuttdeponie verpachtet, das Unternehmen zum Deponiebetrieb verpflichtet und ihm die Aufstellung und den Betrieb einer Bauschuttaufbereitungsanlage auf Grundlage einer der Stadt erteilten Genehmigung gestattet.

Die Immissionsschutzbehörde stellte fest, dass die Bauschuttaufbereitungsanlage nachträglich geändert worden sei, und ordnete gegenüber der Stadt verschiedene Maßnahmen zur Einhaltung der ursprünglichen Genehmigung an. Da die Stadt diese Anordnungen akzeptierte, klagte der Pächter selbst dagegen. Beide lagen untereinander im Streit; die Stadt hatte den Pacht- und Betriebsführungsvertrag mittlerweile gekündigt.

Die Betreiberfrage wurde in den Entscheidungen des VG Neustadt und des OVG Koblenz nicht erörtert. Offenbar war klar, dass nur die beigeladene Stadt Betreiberin der Bauschuttaufbereitungsanlage war.

Die Gerichte wiesen den Eilantrag des Pächters schon deshalb ab, weil dieser als bloßer Betriebsführer durch die gegen den Betreiber gerichteten Anordnungen nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne. Das Immissionsschutzrecht würde nur den Betreiber, nicht aber einen von diesem beauftragten Betriebsführer vor (vermeintlich) rechtswidrigen Anordnungen schützen wollen. Außerdem würden die immissionsschutzrechtlichen Anordnungen nur die Stadt als Betreiber, nicht aber den Betriebsführer unmittelbar verpflichten. Deren Verhältnis sei zivilrechtlich zu klären.

Zur Bewertung

Die Versagung des Rechtsschutzes des Betriebsführers überrascht, weil der Pächter und Betriebsführer nach dem Pacht- und Betriebsführungsvertrag die Bauschuttbehandlungsanlage auf dem von ihm gepachteten Betriebsgelände selbst errichtete, die Anlage in eigener Regie und auf eigene Kosten betrieb und zukünftige behördliche Auflagen in eigener Kostenlast und Verantwortlichkeit zu erfüllen hatte. Man hätte sich also durchaus fragen können, ob wirklicher Betreiber im immissionsschutzrechtlichen Sinne tatsächlich allein die Stadt war.

Im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen einem abwasserbeseitigungspflichtigen Zweckverband und einem von ihm mit der faktischen Durchführung der Abwasserbeseitigung beauftragten Unternehmen hat das VG Magdeburg im Urteil v. 09.05.2012 allein das beauftragte Unternehmen als wasserrechtlich verantwortlichen Einleiter angesehen, weil nur dieses die unmittelbare tatsächliche Sachherrschaft habe und deshalb für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen verantwortlich sei. Diese Überlegungen zum Abwasserrecht sind auch auf das Abfall- und Immissionsschutzrecht übertragbar.

In jedem Fall zeigt die Entscheidung des OVG Koblenz mögliche rechtliche Konsequenzen des Auseinanderfallens von Betriebsführer und Genehmigungsinhaber, die sowohl in immissionsschutzrechtlichen Verfahren als auch bei der Ausgestaltung von Betriebsführungsverträgen berücksichtigt werden müssen.

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