Newsletter Abfall Juli 2023

Das Ende der Abfalleigenschaft – eine endlose Geschichte

Die Frage nach dem Ende der Abfalleigenschaft bleibt spannend. So durfte sich auch jüngst das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen im Rahmen eines Eilverfahrens mit dieser Frage in Bezug auf Bauschutt befassen (Beschluss v. 20.03.2023, Az.: 8 L 1438/22).

Im Zentrum der Debatte steht stets die gleiche Frage: wann verliert der in Frage stehende Stoff seine Abfalleigenschaft und wird zu einem „Produkt“?

Illegale Lagerung von mindestens 5.850 t Abfall?

Grundlage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen war eine gegen den Eigentümer eines Grundstücks ergangene und auf § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestützte Beseitigungs- und Stilllegungsanordnung aufgrund einer fehlenden immissionsschutzrechtlicher Genehmigung zur
Lagerung von Abfall. Der Eigentümer hatte ca. 5.850 t Bauschutt auf seinem Grundstück gelagert.

Legale Lagerung von Bauschutt zur Sanierung des Geländes

Im Rahmen des Eilverfahrens hob das Verwaltungsgericht die mit der Beseitigungs- und Stilllegungsanordnung einhergehende Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, da sich nach summarische Prüfung sich die Beseitigungs- und Stilllegungsanordnung voraussichtlich als rechtswidrig erwiesen habe. Schließlich sei die Abfalleigenschaft des Bauschutts entfallen. Der gelagerte Bauschutt sei vorab zerkleinert worden und habe insofern ein Verwertungsverfahren durchlaufen.

Aus Sicht des Gerichts seien auch die weiteren Voraussetzungen des § 5 KrWG erfüllt. Dass die vorgelegten Analysen nicht in Gänze den Anforderungen an Probeentnahmen nach den maßgeblichen Regelungen entsprachen, sei ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die vorgelegten Analysen nur Einzelbeprobungen zu Materialen an anderen Standorten darstellten und zudem bei einem Ortstermin sachkundig festgestellt wurde, dass diese augenscheinlich nicht der Probe entspricht, die dem Prüfbericht zugrunde lag. Zur Beantwortung der Frage, ob ausreichend sichergestellt ist, dass die Verwendung des gelagerten Bauschutts insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KrWG führe, ließ das Gericht es ausreichen, dass die Verwendung des Materials im Zusammenhang mit der Sanierung des Geländes des Antragstellers angedacht ist. Dass es für die Sanierung weder einen abgestimmten Sanierungsplan noch eine Baugenehmigung gibt und der gebrochene Bauschutt dort seit Juli 2021 liegt, hinderte diese Einschätzung nicht.

Bestätigung im Hauptsacheverfahren?

Das Verwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung im Eilverfahren zunächst die übliche Rechtsprechungspraxis bestätigt, wonach die Durchführung eines Verwertungsverfahren im Einzelfall bereits mit der Sichtung bzw. Sortierung und Reinigung der in Frage stehenden Stoffe angenommen werden kann, unabhängig davon, ob später noch weitere Schritte der Aufbereitung erfolgen oder notwendig sind.

Das Gericht hat darüber hinaus auch deutlich gemacht, dass es sich bei der Beurteilung der Erfüllung von technischen und rechtlichen Anforderungen für die vorgesehene Verwendung um eine Prognoseentscheidung handelt, wobei stets an die konkrete geplante Verwendung angeknüpft werden muss. Ob es sich aber durchsetzen wird, dass die gefahrlose, konkrete Verwendung nur möglich, aber keinesfalls gesichert erscheint, ist zumindest fraglich. Insoweit bleibt abzuwarten, wie in der Hauptsache entschieden wird. Hierbei wird es auch auf Darlegungs- und Beweislastfragen ankommen, die bei einer Ordnungsverfügung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG grundsätzlich die Behörde trägt.

Ausblick

Die Entscheidung zeigt, wie relevant weiterhin die Frage nach dem Ende der Abfalleigenschaft ist. Mit der Ersatzbaustoffverordnung wurde es leider versäumt, Regelungen zum Ende der Abfalleigenschaft aufzunehmen, so dass nunmehr das BMUV an einer „Abfallende-Verordnung“ für mineralische Stoffe arbeiten soll. Wir sind gespannt, ob eine solche Verordnung noch in dieser Legislaturperiode erlassen wird und halten Sie wie
gewohnt auf dem Laufenden.

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