Newsletter Abfall Mai 2021

Keine automatische Abwälzung steigender Verwertungskosten auf öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger

Der vorläufige Referentenentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Bioabfallverordnung vom 29.12.2020 (BioAbfV-E) sieht für jede Anlieferung von Bioabfällen eine Sichtkontrolle auf eine mögliche Fremdstoffbelastung vor. Bei positivem Befund folgt dieser eine Fremdstoffentfrachtung durch die Betreiber von Behandlungsanlagen. Der hiermit verbundene finanzielle Aufwand für die Anlagenbetreiber würde sich künftig auf die Verwertungskosten auswirken und stellt die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor die Frage, wie mit etwaigen Preisanpassungsbegehren von Vertragspartnern umzugehen wäre.

Drohende Steigerung der Bioabfall-Verwertungskosten

Die Einführung einer Sichtkontrolle und Fremdstoffentfrachtung in der vorgeschlagenen Form würde einen erheblichen Personalmehraufwand für die Behandlungsanlage bedeuten, ebenso einen erweiterten Arbeitsschutz. In solchen Anlagen, in denen nach aktuellem Stand die Prüfung jeder einzelnen Anlieferung nicht durchführbar wäre, müssten Umbaumaßnahmen vorgenommen werden, die je nach bisheriger Ausstattung der Anlagen teilweise nur mit einem hohen finanziellen Aufwand umsetzbar wären.

Der Verordnungsgeber selbst schätzt den einmaligen Umstellungsaufwand anhand einer beispielhaften Bioabfall Kompostierungsanlage mit einer Anlagengröße mittlerer Kapazität von 20.000 – 25.000 Tonnen pro Jahr, bei der die Anlagentechnik zu erneuern wäre, auf etwa 1,75 Mio. € – 2,3 Mio. €. Daneben veranschlagt er einen Erfüllungsaufwand von 100 bis 150 € pro Mg Bioabfall. Hinzu käme ein Mehraufwand für die regelmäßigen Fremdstoffuntersuchungen der abgabefertigen Bioabfallmaterialien i.H.v. etwa 40 € je Untersuchung. Weitere Kosten, wie zusätzliche Mitarbeiterkapazitäten und weitere Logistikkosten, sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt.

Das Inkrafttreten des BioAbfV-E in seiner aktuellen Fassung würde somit über kurz oder lang zu einer Erhöhung der Verwertungskosten für Bioabfall führen.

Kein Anspruch auf Preisanpassung per se

Haben öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen privaten Entsorger mit der Verwertung von Bioabfall beauftragt, bestünde dabei das Risiko, dass der Vertragspartner den erhöhten finanziellen Aufwand auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abzuwälzen versucht. Dabei besteht bei gesetzlichen Änderungen während der Vertragslaufzeit, die zu Kostensteigerungen auf Seiten des Auftragnehmers führen, nicht automatisch ein Anspruch auf Preisanpassung gegen den Auftraggeber. Es kommt vielmehr auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an.

Der Auftragnehmer müsste sein Preisanpassungsbegehren auf eine vertragliche oder gesetzliche Anspruchsgrundlage stützen können.

So wäre im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob sich ein solcher Preisanpassungsanspruch aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Entsorgungsvertrag ergibt. Ebenfalls denkbar wäre ein Anspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die gesetzlichen und richterrechtlichen Hürden eines solchen Anspruchs auf Vertragsanpassung sind jedoch sehr hoch.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen des Abfall- und Vertragsrechts.

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