Newsletter Abfall Mai 2021

Keine Steuervergünstigung für thermische Abfallbehandlungsanlagen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG mehr?

Nach einem Informationsschreiben der Generalzolldirektion (GZD) soll die Stromsteuerbefreiung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG (Stromerzeugung) allenfalls nur noch sehr eingeschränkt auf thermische Abfallbehandlungsanlagen anwendbar sein.

Diese neue Rechtsauslegung begründet die GZD im Wesentlichen mit dem Argument, dass die Stromerzeugung regelmäßig nicht Hauptzeck thermischer Abfallbehandlungsanlagen sei. 

Steueranmeldung bis 31.05.2021

Da sich die GZD hinsichtlich ihrer Rechtsposition mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) abgestimmt hat, ist davon auszugehen, dass die Hauptzollämter diese Rechtsauffassung künftig ihren Entscheidungen zu Grunde legen werden. Damit würde in allen nicht abgeschlossenen Verfahren der Anlageneigenverbrauch thermischer Abfallbehandlungsanlagen zu ganz überwiegendem Anteil der 2%igen Stromsteuer unterliegen. Dies muss also bereits bei den bis zum 31.05.2021 einzureichenden jährlichen Steueranmeldungen berücksichtigt werden. Gegen entsprechende Steuerfestsetzungen könnte sodann Einspruch eingelegt werden.

Die Argumente gegen die Auffassung der GZD sind zahlreich und nach Auffassung von [GGSC] so gewichtig, dass ein Obsiegen in den zu erwartenden steuergerichtlichen Verfahren aussichtsreich ist.

Rechtsauffassung der GZD zweifelhaft

Zwar wäre das Kernargument der GZD dann nicht von der Hand zu weisen, wenn es bei dem Stromsteuervergünstigungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG wie bei § 9 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 um den Einsatz besonders zu begünstigender erneuerbarer Energieträger, wie bei § 9 Abs. 1 Nr. 5 um begünstigte Verkehrsmittel oder wie bei Nr. 4 um Sicherheitsaspekte ginge.

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG knüpft an solche Merkmale jedoch gerade nicht an. Vielmehr lässt sich aus der Gesetzesbegründung sowie dem Tatbestand von Art. 14 Abs. 1 a) EnergieStRL herleiten, dass es bei diesem Vergünstigungstatbestand ausschließlich um die Vermeidung einer Doppelbesteuerung geht. Da der in der Stromerzeugungsanlage produzierte Strom besteuert wird, soll der für diese Produktion eingesetzte Strom nicht zusätzlich besteuert werden. Der Zweck der Verhinderung einer solchen Doppelbesteuerung greift bei thermischen Abfallbehandlungsanlagen genauso wie bei anderen Stromerzeugungsanlagen. 

Gute Gründe für bisherige Praxis

Diese Auslegung wird durch die Analyse der übrigen in diesem Zusammenhang relevanten Vorschriften bestätigt. Die GZD reduziert den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG über den Wortlaut und auch die bisherige Rechtsprechungsauslegung hinaus. Ein Festhalten an der bisherigen Praxis erfordert für thermische Abfallbehandlungsanlagen daher eine entsprechende Begründung und wird vermutlich am Ende gerichtlich geklärt werden müssen.

Wir empfehlen den Steuerbegünstigten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG, sich auf eine geänderte Steuererstattungspraxis der Hauptzollämter einzustellen, gleichwohl aber dagegen vorzugehen.

Weitere Artikel des Newsletters

Der Bundestag wird in dieser Woche über eine Novelle des Verpackungsgesetzes beraten. Es liegt der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen“ vor.
weiter
Wieder ist ein Streitpunkt bei der Umsetzung des Verpackungsgesetzes entstanden. Eine Einigung über Abstimmungsvereinbarungen nebst Regelungen zu den PPK-Mitentsorgungsentgelten ist vielerorts erst im Jahr 2020 zustande gekommen.
weiter
„Die CO2-Relevanz anderer Vorgänge mag hingegen erst auf den zweiten Blick hervortreten; nicht erst bei der Nutzung von Gütern und Dienstleistungen, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen Treibhausgasemissionen: zunächst bei der Herstellung und dann bei Lagerung und Transport...
weiter
Illegale Abfallablagerungen beschäftigen Behörden und öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger immer wieder. Die Fallbeispiele reichen von der Ablagerung ausgedienten Hausrates auf der Allgemeinheit frei zugänglichen Flächen bis hin zum Vergraben gefährlicher Abfälle auf privaten Grundstücken.
weiter
Welche Anforderungen sind an die Bestimmtheit von Abfallgebührenbescheiden zu stellen? Ist eine „verbösernde“ Nacherhebung von Abfallgebühren zulässig, wenn ein bereits bestandskräftiger Gebührenbescheid in der Welt ist? Unterfallen Abfallsammelfahrzeuge der Mautpflicht und sind die hierfür entste...
weiter
Wasserstoff gilt neben Strom als grüner Energieträger der Zukunft. Einige Abfallwirtschaftsbetriebe haben bereits eigene Erzeugungsanlagen errichtet: Mit Strom aus eigenen Anlagen erzeugen sie Wasserstoff, den sie als Treibstoff für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge verwenden. Ein Beitrag zum Genehmig...
weiter

Veranstaltungen

2024
05
Dez

In unserem Online-Seminar „Update Entsorgungsvergaben – von Fachanwält:innen für Praktiker:innen“ am Donnerstag, den 05.12.2024 haben Sie nicht nur die Möglichkeit, Ihre individuellen Fragen zur Diskussion zu stellen – Sie werden auch auf den aktuellsten, vergaberechtlichen Stand gebracht.

ORT: Online-Seminar
VERANSTALTER: [GGSC] Seminare
Zur Website der Veranstaltung