Newsletter Abfall Mai 2023

Wahl des Kalkulationszeitraumes und fristgerechter Ausgleich von Über-/Unterdeckungen nach § 5 Abs. 2 NKAG

In der Januar-Ausgabe unseres Abfall-Newsletters hatten wir Sie über das am 16.06.2022 ergangene Urteil des OVG Lüneburg zum Ausgleich von Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckungen nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 NKAG informiert. Für Kommunen besonders relevant – mitunter auch irritierend – waren die Vorgaben, die das Gericht an die Ermittlung des Vorliegens von Über-/ Unterdeckungen stellt (Stichwort: Keine Berücksichtigung der tatsächlichen Gebühreneinnahmen) und die wir ausführlich besprochen hatten.

Doch noch ein weiterer Punkt verdient Beachtung: Was müssen Kommunen bei der Wahl des Kalkulationszeitraumes beachten, damit ein ordnungsgemäßer Über-/ Unterdeckungsausgleich möglich ist? Diese Frage soll Gegenstand des vorliegenden Beitrages sein, da sich die diesbezüglich ergangenen Hinweise des OVG Lüneburg ausschließlich auf die alte Rechtslage (§ 5 Abs. 2 NKAG in der bis zum 31.03.2017 geltenden Fassung) bezogen.

Ausgangslage

§ 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG in der derzeit geltenden Fassung besagt, dass Kostenüberdeckungen „innerhalb der auf ihre Feststellung folgenden drei Jahre“ auszugleichen sind und Kostenunterdeckungen innerhalb dieses Zeitraumes ausgeglichen werden sollen. In der bis zum 31.03.2017 geltenden Fassung hat § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG den Beginn des Ausgleichszeitraumes noch nicht an den Zeitpunkt der Feststellung von Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckung geknüpft, sondern vorgegeben, dass der Ausgleich „innerhalb der nächsten drei Jahre“ zu erfolgen habe.

Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage sind für Benutzungsgebühren in Niedersachsen Kalkulationszeiträume von maximal drei Jahren zulässig (§ 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG).

Das OVG Lüneburg hat in seiner Entscheidung vom 16.06.2022 (zur alten Rechtslage) dargelegt, dass vor Ablauf des Kalkulationszeitraumes eine Kostenüber‑ bzw. Kostenunterdeckung grundsätzlich nicht entstehen kann und dass sich die Ermittlung der Über-/ Unterdeckung auf den gesamten, ggf. mehrjährigen Kalkulationszeitraum (und nicht auf einzelne Jahre) beziehen muss. Nur wenn vor Beginn des Kalkulationszeitraumes, in dem die Über-/ Unterdeckungen letztmalig berücksichtigt werden können, eine Betriebsabrechnung nicht vorliegt, dürfe die Kommune ausnahmsweise auf Schätzungen zurückgreifen.

Auswirkungen auf die Wahl des Kalkulationszeitraumes

Da das OVG Lüneburg die Zulässigkeit des (ausnahmsweisen) Rückgriffs auf Schätzungen erstmals 2022 festgestellt hat, mussten Kommunen zur Zeit der alten Rechtslage davon ausgehen, dass Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckungen ausschließlich auf Grundlage einer nach Ablauf des Kalkulationszeitraumes durchgeführten Nachberechnung festgestellt werden können. Die Wahl von aufeinanderfolgenden dreijährigen Kalkulationszeiträumen war jedenfalls nur unter Inkaufnahme des Risikos möglich, dass das OVG Lüneburg den Rückgriff auf Schätzungen nicht als ausreichend erachtet. Dies veranlasste den Gesetzgeber, § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG zu ändern, so dass nunmehr ein Ausgleichszeitraum von drei Jahren nach Feststellung der Über- bzw. Unterdeckung zur Verfügung steht.

Hat die Gesetzesänderung ihr Ziel erreicht und ist es Kommunen nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG (in der seit 01.04.2017 geltenden Fassung) möglich, einen ordnungsgemäßen Ausgleich von Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckungen auch bei aufeinanderfolgenden dreijährigen Kalkulationszeiträumen sicherzustellen? Nach unserer Auffassung bestehen insoweit nicht unerhebliche Risiken.

Denn erfolgt die Feststellung der Über- und Unterdeckungen im Folgejahr nach Ablauf eines dreijährigen Kalkulationszeitraumes, steht ohne Rückgriff auf Schätzungen der laufende Kalkulationszeitraum für den Ausgleich nicht zur Verfügung. Handelt es sich bei diesem um einen Dreijahreszeitraum, wäre der Ausgleich zwingend im Jahr nach Ablauf des (zum Zeitpunkt der Feststellung) laufenden Kalkulationszeitraumes vorzunehmen. Damit wäre die Wahl aufeinanderfolgender dreijähriger Kalkulationszeiträume ausgeschlossen. Anders könnte dies zu beurteilen sein, wenn die Feststellung von Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckungen eines zurückliegenden Kalkulationszeitraumes erst im letzten Jahr des darauffolgenden Kalkulationszeitraumes erfolgt, so dass nach Feststellung drei Jahre zum Ausgleich zur Verfügung stehen. Die Feststellung wird in aller Regel aber bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorliegen.

Übertragbarkeit auf die neue Rechtslage?

Die Aussage des Oberverwaltungsgerichtes, im Ausnahmefall könne die Höhe von Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckungen durch Schätzungen ermittelt werden, bezog sich auf die alte Rechtslage. Aus unserer Sicht ist zweifelhaft, ob diese Aussage auch auf § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG in der seit 01.04.2017 geltenden Fassung übertragen werden kann, denn der Gesetzgeber hat nun einen Zeitraum von drei Jahren nach Feststellung der Über- und Unterdeckungen vorgegeben, was an sich keinen Raum für Schätzungen lässt. Daneben wurde – bezogen auf die alte Rechtslage – auch durch die Entscheidung vom 16.06.2022 nicht geklärt, nach welcher Maßgabe der Ausgleich der Differenzbeträge zu erfolgen hat, die (zwangsläufig) durch die Schätzung einer Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckung und deren nachträglicher rechnerischer Feststellung entstehen.

Ein fehlerhafter Über-/ Unterdeckungsausgleich kann zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensatzung führen. Die Wahl des Kalkulationszeitraumes sollte vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der noch ungeklärten Fragen zu § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG jedenfalls sorgfältig durchdacht werden.

Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen rund um die Erstellung von Gebührenkalkulationen und Nachberechnungen.

Satzungsfragen stehen im Übrigen auch auf dem Programm unseres Infoseminars (23.06.2023, ab 11:00 Uhr im Fachforum „Satzungen/Alltagsfragen“.

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