BVerwG: Abfall oder Abwasser?
Abfallrecht | Handelt es sich noch um Abwasser oder aber schon um Abfall? Abgrenzungsfragen sind in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. Sie entscheiden über die anzuwendenden gesetzlichen Regelungen und damit auch über Zuständigkeiten. In der Abgrenzung zwischen Abwasser und Abfall unterscheiden sich in vielen Ländern die Zuständigkeiten zudem nicht nur sachlich, sondern auch örtlich. Eine Grundsatzfrage der Abgrenzung hat das BVerwG entschieden (Urteil v. 08.07.2020, Az.: BVerwG 7 C 19.18). Der klagende Wasserverband wandte sich ohne Erfolg gegen eine abfallrechtliche Verfügung zur Entsorgung von Klärschlamm. Zur Austrocknung des Klärschlamms hatte sie auf dem Gelände ihrer Kläranlage mehrere genehmigte Schlammplätze angelegt. Nach Stilllegung sollte mit dem vorhandenen Klärschlamm ein Landschaftsbauwerk errichtet werden. Die zuständige Abfallbehörde wies jedoch die Entsorgung der gelagerten Klärschlämme an – mit Erfolg, wie das BVerwG abschließend feststellt.
Anwendung Abfallrecht
Auch für in Abwasseranlagen eingeleitete Stoffe – wie die Klärschlämme – wird demnach das Abfallrecht wieder anwendbar, wenn die Abwasserbeseitigung abgeschlossen ist. Eine räumlich-örtliche Entfernung der Klärschlämme aus der Abwasserbeseitigungsanlage ist hierfür auch nicht erforderlich. Ein funktionaler Zusammenhang mit einer Abwasserbehandlung bestand im Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht mehr. Auch rechtlich ohne Bedeutung war der Umstand, dass die Abfälle bereits lange gelagert waren und sich mit dem Erdreich verbunden hatten. Denn bei der Beurteilung der Frage, ob die Klärschlämme bereits einen „wesentlichen Bestandteil“ des betreffenden Grundstücks bilden (vgl. §§ 93 f. BGB) ist nach Auffassung des BVerwG allein eine abfallrechtliche Verkehrsanschauung maßgeblich. Demnach waren die Abfälle noch nicht in einer „festen Verbindung mit Grund und Boden“ und konnten somit als „bewegliche Sachen“ abtransportiert werden.