Vollservice kann bei Bedenken Unfallschutz eingestellt werden
Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) darf einen bisher praktizierten Vollservice (Abholung von 120 l-Behältern aus einem Keller) per Bescheid einstellen und für die Zukunft die Bereitstellung der Behälter an der Straße anordnen.
Gegen eine dahingehende Entscheidung des VG München hat der Bayerische VGH die Berufung nicht zugelassen (Beschl. v. 08.05.2019, Az.: 20 ZB 17.579; vorgehend: VG München, Urt. v. 06.10.2016, Az.: M 10 K 16.2393).
Absicherung des Unfallschutzes in der kommunalen Satzung
Im Streitfall konnte der Aufgabenträger seinen Bescheid auf die von ihm erlassene Hausmüllentsorgungssatzung stützen: Dort war zum einen vorgesehen, dass die Zugänge so eingerichtet sein müssen, dass die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften gesichert ist. Konkret war auf die Vorschrift GUV-R (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Regel Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten der Abfallwirtschaft, Teil 1: Sammlung und Transport von Abfall) von 1/2007 verwiesen worden. Deren Einhaltung war im zu entscheidenden Fall offenbar nicht gewährleistet: Die Kellertür als Zugang zu den Behälterstandplätzen im Keller war schmal und wies lediglich eine lichte Höhe von 1,58 m auf, zudem waren die Verhältnisse im Kellerraum selbst ebenfalls beengt, der Boden uneben und die Treppen machten offenbar einen brüchigen Eindruck. Zusätzlich enthielt die Satzung eine Vorschrift, die die Kommune in die Lage versetzte, erforderlichenfalls die Bereitstellung von Behältern an zugewiesenen Standorten anzuordnen: Sie konnte dann die Eigenbereitstellung verlangen.
Der Bayerische VGH hielt diese Bestimmungen in Übereinstimmung mit dem VG für mit Art. 7 des Bayerischen Abfallgesetzes (BayAbfG) vereinbar. Er sah auch die satzungsrechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Anordnung im konkreten Streitfall als gegeben an.
Kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht
Im Streitfall konnten sich die Kläger auch nicht darauf berufen, dass die Kommune in vergleichbaren Fällen anders gehandelt bzw. den Vollservice beibehalten hätten: Zum einen gab es über diese Fälle offenbar ebenfalls Streit, so dass die endgültige, künftige Praxis des örE in diesen Fällen noch nicht als gesichert gelten konnte. Zudem stellte der VGH fest: In diesen Fällen hätte sich die Praxis, auf die sich die Kläger beriefen, als rechtswidrig dargestellt. Es gebe aber keine Gleichbehandlung im Unrecht.
Wichtig: Satzungsrechtliche Voraussetzungen schaffen!
Die Position des VGH ist aus Sicht der verantwortlichen Kommunen zu begrüßen: Nicht in jedem Fall rechtfertigt sich ein Vollservice. Außerdem ist es der Kommune zugestanden, notfalls von einer bisherigen, rechtswidrigen oder zumindest risikobehafteten Praxis für die Zukunft wieder abzuweichen. Jedenfalls sollten aber die satzungsrechtlichen Voraussetzungen für ein entsprechendes Agieren durch die jeweilige Satzung abgesichert sein. Dort kann auch ausdrücklich auf Unfallverhütungsvorschriften und die Berücksichtigung des Arbeitsschutzes Bezug genommen werden.
Bedeutung der Diskussion – auch mit Blick auf den Erlass von Rahmenvorgaben Es ist davon auszugehen, dass die Diskussionen über die Ausgestaltung des Holsystems für die behältergestützte Sammlung auch deshalb an Fahrt gewinnen, weil in vielen Kommunen aktuell über die künftige Ausgestaltung der Erfassung von Verkaufsverpackungen (v.a. LVP) diskutiert wird: Häufig wird dazu von der Politik und aus dem öffentlichen Raum eine Verbesserung oder Änderung des Erfassungssystems gefordert. Über das VerpackG und das dortige Instrument der Rahmenvorgabe hat die Kommune insoweit die Möglichkeit, die Ausgestaltung der LVP-Erfassung einseitig zu beeinflussen. Sie darf aber keinen höheren Standard fordern, als sie ihn selbst für die Erfassung (v.a. für Restmüll) anbietet.
[GGSC) berät öffentliche Aufgabenträger (örE) und kommunale Eigengesellschaften bei der optimalen Ausgestaltung des behältergestützten Holsystems in den kommunalen Abfallsatzungen. Außerdem begleitet [GGSC] die Erarbeitung und den Erlass von Rahmenvorgaben gegenüber Systembetreibern.