Zitiergebot und Erforderlichkeit von Fremdleistungsentgelten in Abfallgebührensatzungen
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Schleswig-Holstein hat die für die Jahre 2015 und 2016 im Landkreis Ostholstein geltenden Abfallgebührensatzungen für nichtig erklärt. Das Urteil enthält Hinweise zu den Anforderungen des Zitiergebotes in Satzungen sowie zur Erforderlichkeit von Fremdleistungsentgelten im Abfallgebührenrecht (Urteil vom 27.06.2019 (Az.: 2 KN 1/19)).
Sachverhalt
Der Entscheidung lag folgender – stark verkürzt dargestellter – Sachverhalt zugrunde:
Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 2 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG S-H) müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Der Kreis Ostholstein hatte dem beklagten Zweckverband die öffentliche Aufgabe der Abfallentsorgung – einschließlich des Satzungsrechts – auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages übertragen. In der Abfallgebührensatzung zitierte der Zweckverband als Ermächtigungsgrundlage zwar die gesetzlichen Regelungen zur Ermächtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, Satzungen zu erlassen, nicht aber die Regelung des öffentlich-rechtlichen Vertrages, der zufolge der Landkreis dem Zweckverband die Satzungskompetenz übertragen hatte. Darüber hinaus hatte der Zweckverband Entsorgungsdienstleistungen freihändig an eine gemischt öffentlich-private Kapitalgesellschaft vergeben. Der Kläger trug vor, Fremdleistungsentgelte, die nicht im Wege der öffentlichen Auftragsvergabe ermittelt wurden, seien in der Gebührenkalkulation nicht ansatzfähig.
Anforderungen an das Zitiergebot
Das Oberverwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen das in § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG S-H enthaltene Zitiergebot bejaht, wenn die Satzung ihre Ermächtigungsgrundlage nicht vollständig wiedergibt. Sinn und Zweck des Zitiergebotes sei es, dem Adressaten der Satzung den Ermächtigungsrahmen darzustellen und diesem die Kontrolle zu ermöglichen, ob die Satzung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt. § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG S-H ist dem Oberverwaltungsgericht zufolge eng auszulegen. Unter einer „Rechtsvorschrift“, die zum Erlass der Satzung „berechtigt“ seien nicht nur die gesetzlichen Kompetenzgrundlagen zu verstehen, sondern auch die Normen, aus denen sich ergibt, dass der die Satzung erlassende Träger öffentlicher Verwaltung zur Anwendung einer spezialgesetzlichen Satzungsbefugnis berechtigt ist. Der Verzicht auf die Wiedergabe der Regelung des öffentlich-rechtlichen Vertrages, der zufolge der Landkreis dem Zweckverband die Satzungskompetenz überträgt, unterbricht dem Oberverwaltungsgericht zufolge die Darstellung der Legitimationskette und führt zur formellen Unwirksamkeit der Satzung. Auch wenn in anderen Bundesländern keine dem § 66 LVwG S-H vollständig vergleichbare Rechtsvorschriften gelten, empfiehlt es sich bei der Ausgestaltung der Präambel auf die Vollständigkeit der zitierten Rechtsvorschriften zu achten.
Erforderlichkeit von Fremdleistungsentgelten
In den Entscheidungsgründen weist das Oberverwaltungsgericht darauf hin, dass Fremdleistungsentgelte gemäß § 6 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein auch bei Verstößen gegen das Vergaberecht in der Gebührenkalkulation ansatzfähig sind, wenn deren Erforderlichkeit ausreichend dargelegt werde. Der örE könne seiner Darlegungslast genügen, wenn er die Preise unter Beachtung des öffentlichen Preisrechts in Verbindung mit den LSP-Grundsätzen kalkuliert hat. Die nach preisrechtlichen Vorschriften ermittelten Kosten dürfen indes nicht die Kosten übersteigen, die der gebührenerhebenden Stelle entstehen würden, wenn sie die dem Dritten übertragenen Aufgaben in eigener Regie ausführen würde.
[GGSC] berät regelmäßig öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei der Kalkulation der Abfallgebühren und bei der Ausgestaltung von Abfall- und Abfallgebührensatzungen.