Wann ist die Frist für die Forderung einer Sicherheitsleistung gemäß § 650f BGB noch angemessen?
Das OLG München hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage der Angemessenheit der Frist für die Übergabe einer Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650 BGB auseinandersetzen müssen.
Der Fall
In dem Fall hatte der Auftragnehmer seinen Auftraggeber unter Androhung einer Kündigung zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB aufgefordert. Hierfür setzte er seinem Auftraggeber eine Frist von 15 Tagen. Nach Ablauf der Frist kündigte der Auftragnehmer den Vertrag. Hiergegen wandte der Auftraggeber in dem späteren Rechtsstreit ein, dass die vom Auftragnehmer gesetzte Frist für die Stellung der Sicherheit nicht angemessen gewesen sei und dieser daher kein Recht hatte, den Vertrag nach Ablauf der Frist zu kündigen.
Die Entscheidung
Das OLG München (Beschluss vom 14.04.2022 – 9 U 7270/21) kam zu dem Schluss, dass die Kündigung des Auftragnehmers zu Unrecht erfolgt sei. So sei die Frist von 15 Tagen zur Stellung der Bauhandwerkersicherheit unangemessen kurz gewesen, weshalb der Auftragnehmer mit seiner Kündigung gegen seine Kooperationspflichten verstoßen habe.
Das Gericht betonte in seiner Entscheidung, dass die angemessene Frist zur Sicherheitsleistung nicht allgemein festgelegt werden könne, sondern unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden müsse. Dabei habe der Gesetzgeber bewusst den unbestimmten Begriff „angemessen“ gewählt. Es müsse dem Auftraggeber ermöglicht werden, ohne schuldhaftes Zögern eine Sicherheit zu beschaffen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sei deswegen eine Frist von mindestens sieben bis zehn Tagen erforderlich.
Nach Auffassung des Gerichts sei die vom Gesetzgeber anvisierten sieben bis zehn Tage in vielen Fällen jedoch realitätsfern. So ist unter anderem zu beachten, dass in der Regel Verhandlungen mit einem oder sogar mehreren baufinanzierenden Kreditinstituten oder Versicherungen geführt werden müssen, um eine Bürgschaft zu beschaffen. Aber auch bei unklarer Rechtslage, wenn beispielsweise die Höhe der Forderung zwischen den Parteien streitig ist, kann es geboten sein, eine längere Frist zu setzen. Des Weiteren müsse berücksichtigt werden, dass die Beschaffung einer Bürgschaft auch nicht am Wochenende möglich sei. Nach diesem Maßstab ist eine gesetzte Frist von 15 Tagen in den meisten Fällen zu kurz bemessen.
Das Gericht betonte jedoch, dass eine zu knapp bemessene Frist eine angemessene Frist in Gang setzen kann. Im vorliegenden Fall legte das Gericht statt der 15 Tage daher eine angemessene Frist von drei Wochen fest. Diese dürfte auch der aktuellen Marktlage entsprechen.
Fazit
Insgesamt zeigt das Urteil des OLG München, dass die Frist zur Sicherheitsleistung sorgfältig und unter Berücksichtigung des Einzelfalls bemessen werden sollte, um rechtlich nachteilige Konsequenzen aufgrund einer zu Unrecht ausgesprochenen Kündigung zu vermeiden. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung ist dem Auftragnehmer zu empfehlen, eine längere Frist von rund drei Wochen für die Sicherheitsforderung festzulegen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Auftraggeber sich mit der Beschaffung der Sicherheit Zeit lassen kann. Vielmehr sollte der Auftraggeber das Sicherungsverlangen bereits mit Zugang ernst nehmen und unverzüglich bearbeiten, um die angemessene Frist zur Sicherheitsleistung einhalten zu können. Eine zügige Bearbeitung und Kommunikation zwischen den Parteien kann ebenfalls dazu beitragen, mögliche Streitigkeiten und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.