Trotz Umsetzung der Vorgaben: Leistung mangelhaft!
Wieder einmal hat sich ein Gericht zum „funktionalen Mangelbegriff“ geäußert: Es reicht nicht, Vorgaben aus der Leistungsbeschreibung umzusetzen, das Bauunternehmen schuldet einen funktionalen Werkerfolg, zu dem auch gehört, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik umgesetzt werden.
Der Fall
Ein Bauunternehmen wird mit der Errichtung eines Reitplatzes beauftragt. Die Auftragsbestätigung sieht die Verwendung von „Reitsand" vor. Nach der Fertigstellung und Übergabe verweigert der Auftraggeber die Abnahme. Der verwendete Sand habe keine Reitsandqualität; zudem habe das Bauunternehmen versäumt, einen Gully-Deckel auf dem Reitplatz fachgerecht abzusenken. Das Bauunternehmen war davon ausgegangen, dass professioneller Reitsport auf der zu kleinen Fläche ohnehin nicht möglich sei; eine Absenkung des Gully-Deckels sei zudem nicht ausdrücklich beauftragt worden. Das Bauunternehmen klagt Werklohn ein.
Die Entscheidung
Das OLG Celle hat mit Urteil vom 06.03.2024 (14 U 81/23) die Klage abgewiesen, die in erster Instanz noch erfolgreich war. Es liegen, so das OLG, wesentliche Mängel vor, so dass die Leistung nicht abnahmereif ist und kein fälliger Werklohnanspruch besteht. Der Reitplatz war nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten. Eine anderslautende Vereinbarung gab es zwischen den Parteien nicht. Ein Bauunternehmen sichert bei Vertragsschluss stillschweigend zu, ein Werk herzustellen, das den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Der vom Bauunternehmen verwendete Sand weist jedoch unstreitig keine Reitsandqualität auf.
Die fehlende Absenkung des Gully-Deckels ist ein Werkmangel, weil der Gully-Deckel eine Gefahr für Pferd und Reiter darstellt. Dass die Absenkung des Gully-Deckels in der Leistungsbeschreibung und der Vertragskorrespondenz nicht ausdrücklich vorgesehen war, ist, so das Gericht, unerheblich: Das Bauunternehmen schuldete nicht nur die Umsetzung der Leistungsbeschreibung, sondern einen funktionstüchtigen Reitplatz. Widersprechen die geschriebenen Vertragsbestandteile den allgemeinen Regeln der Technik, so ist das Bauunternehmen verpflichtet, ein funktionstüchtiges Werk zu erbringen.
Der vertraglich geschuldete Werkerfolg bestimmt sich also nicht allein nach der vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll.