Unwirksamkeit einer Vertragsstrafenklausel von 5 % der Auftragssumme beim Einheitspreisvertrag
Der BGH hat entschieden, dass eine in AGB des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafe von 5 % der Auftragssumme für die Überschreitung des Fertigstellungstermins bei einem Einheitspreisvertrag unwirksam ist.
Der Fall
Eine Kommune (AG) schreibt Bauarbeiten zum Glasfaserausbau in einem VOB/B-Einheitspreisvertrag aus. In den Besonderen Vertragsbedingungen des AG befindet sich eine Vertragsstrafenklausel, nach der bei verspäteter Vollendung des Bauvorhabens je Werktag des Verzugs „0,2 % der Netto-Auftragssumme und höchstens 5 % der Netto-Auftragssumme“ zu zahlen sind.
Die Auftragssumme bei Angebotsabgabe (Angebotssumme) beträgt ca. 5.680.000 € netto. Der Auftragnehmer (AN) stellt das Bauvorhaben erst 8 Monate nach dem vereinbarten Fertigstellungstermin fertig. Die Schlussrechnung sieht eine Vergütung von ca. 5.120.000 € netto vor. Der AG zieht von der Schlussrechnung ca. 284.000 € netto, d. h. 5 % der Angebotssumme ab. Hiergegen wendet sich der AN mit seiner Klage auf Zahlung des einbehaltenen Betrags.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 15.02.2024 – VII ZR 42/22) gibt dem AN recht! Bei der Vertragsstrafenklausel aus den Besonderen Vertragsbedingungen des AG handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Bei der Auslegung von AGB ist ein generalisierendes Verständnis anzulegen. Bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe von „5 %“ der Auftragssumme in einem Einheitspreisvertrag, bei dem nach tatsächlich angefallenen Mengen und Massen abgerechnet wird, ist unklar, ob damit der Wert bei Angebotsabgabe/Auftragserteilung oder die Abrechnungssumme gemeint ist. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der AG – wie hier – die Auftragssumme meint und damit eine Vertragsstrafe im Einzelfall von über 5 % der Schlussrechnungssumme erhält. Vertragsstrafen sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BGH zum Schutz des AN auf 5 % der Schlussrechnungssumme begrenzt. Bei der Vereinbarung einer solchen Klausel bei einem Einheitspreisvertrag besteht also zulasten des AN die Gefahr, dass die Vertragsstrafe die Grenze von 5 % überschreitet, z. B. im Fall der Verringerung der tatsächlich ausgeführten Mengen.
Praxisrelevanz
Die Entscheidung des BGH dürfte zur Anpassung vieler Vertragsstrafenklauseln in den AGB von (öffentlichen) Auftraggebern führen.
Gerade im Glasfaserausbau werden nicht nur Bauunternehmen, sondern zunehmend auch Ingenieurbüros zu Einheitspreisen beauftragt. Hier sollen oft Vertragsstrafen vereinbart werden, weil die Netzbetreiber den Ausfall von Pachteinnahmen und zudem Förderzeiträume absichern wollen. Künftig dürften eine Reihe von Vertragsstrafenvereinbarungen auf den Prüfstand kommen.