Newsletter Energie Oktober 2022

Flächenbeitragswerte als Motor des Windkraftausbaus

Co-Autorin: Rechtsanwältin Lea Wiesmüller

Jahrelang existierten Unstimmigkeiten zwischen den Bundesländern über die jeweils für den Ausbau der Windkraft zur Verfügung zu stellenden Flächen.

Diesen Diskussionen hat der Gesetzgeber jetzt mit dem Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) ein Ende gesetzt.

Mit dem am 01.02.2023 in Kraft tretenden neuen Gesetz gibt der Bundesgesetzgeber verbindliche Ziele der Flächenausweisung für Windenergie in den einzelnen Bundesländern vor. Dabei geht der Gesetzgeber in zwei Stufen vor: Bis zum 31.12.2027 müssen die Bundesländer mindestens die in Spalte 1 der Anlage 1 des Gesetzes festgeschriebenen Flächenbeitragswerte erreichen (Flächenzwischenziel, 1. Stufe). Der Wert wird als Prozentanteil an der Landesfläche angegeben. Bis zum 31.12.2032 müssen die Bundesländer weiter erhöhte Werte erreichen (Finales Flächenziel, 2. Stufe).

Wegen der unterschiedlichen topografischen Voraussetzungen in den einzelnen Bundesländern reichen die Werte auf der 1. Stufe von 0,25% für die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg bis 1,8% für Brandenburg, Hessen und Thüringen. Auf der 2. Stufe müssen die Stadtstaaten jeweils mindestens 0,5% der Landesfläche ausweisen, Hessen, Brandenburg und Thüringen mindestens 2,2% der Landesfläche.

Zielerfüllung auf verschiedenen Ebenen möglich

Die Länder können ihre Pflicht zur Flächenausweisung erfüllen, indem sie die zum Erreichen der Flächenbeitragswerte notwendigen Flächen selbst in landesweiten oder regionalen Raumordnungsplänen ausweisen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 WindBG). Alternativ können die Länder die Zielerreichung auch sicherstellen, indem die Ausweisung der erforderlichen Flächen durch regionale oder kommunale Planungsträger sichergestellt wird, die vorab durch die Länder festgelegte Teilflächenziele zu erreichen haben (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 WindBG). Die Länder haben auch die Möglichkeit, durch Abschluss von Staatsverträgen, positive Flächenüberhänge in einem Bundesland einem anderen Bundesland anrechnen zu lassen (§ 6 Abs. 4 Satz 1 WindBG).

Verzahnung der Flächenbeitragswerte mit Planungsrecht

Der Gesetzgeber hat an das Erfüllen bzw. Nichterfüllen der Beitragswerte bestimmte Rechtsfolgen geknüpft. Damit will er einerseits das Erreichen des Flächenwerts „belohnen“ und andererseits dessen Nichterreichen „sanktionieren“. Beispielsweise sieht § 249 Abs. 7 Satz 1 BauGB vor, dass in Bundesländern, die ihrer Verpflichtung zur festgelegten Flächenausweisung gemäß WindBG nicht nachkommen, Windenergieanlagen („WEA“) im gesamten Außenbereich weiterhin privilegiert zulässig sind. Erfüllt das Bundesland hingegen seine Flächenziele, sind WEA im Außenbereich nicht mehr als privilegierte Vorhaben zulässig (§ 249 Abs. 2 BauGB).

Abstandsregelung und Flächenbeitragswert

Viel diskutiert wurde in den Medien die 10H-Regelung in Bayern. Nach wie vor können die Länder durch Landesgesetze bestimmen, dass vorgegebene Mindestabstände zwi-schen WEA und Wohnbebauung einzuhalten sind. Allerdings gelten diese Regelungen nicht mehr in Windenergiegebieten (§ 249 Abs. 9 BauGB). Zudem sind die Mindestabstände dann nicht mehr anwendbar, wenn die Länder ihre Flächenbeitragsziele nicht fristgemäß erreichen (§ 249 Abs. 7 S. 2 BauGB). Auch an dieser Regelung mit Sanktionscharakter wird deutlich, wie der Gesetzgeber die Einhaltung der Ziele mit bauplanungsrechtlichen Regelungen verzahnt.

Fazit

Die bundeseinheitliche Vorgabe verbindlicher Flächenbeitragswerte dürfte zu einer gleichmäßigeren Beteiligung aller Bundesländer am Ausbau von WEA führen. Vor allem die Verzahnung der vorgegebenen Flächenziele mit bauplanungs- und raumordnungsrechtlichen Steuerungsinstrumente erzeugt einen „Vollzugszwang“. Der Gesetzgeber möchte erreichen, dass nunmehr schnell und vermehrt Flächen für die Errichtung von WEA ausgewiesen werden. Dies wird nur gelingen, wenn sich die Erleichterungen im Artenschutzrecht auch bei der Ausweisung entsprechender Flächen anwenden lassen.

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