Digitalisierung in der Abfallwirtschaft
Die Digitalisierung wird für die Wirtschaft künftig branchenübergreifend zu einem einschneidenden Transformationsprozess führen. Bislang analoge Produktionsprozesse werden zu selbstorganisierten und intelligent vernetzten Systemen weiterentwickelt (sog. Vernetzung aller Dinge – Internet of Things).
Während in anderen Wirtschaftssektoren der digitale Wandel intensiv vorangetrieben wird, findet ein ganzheitlicher Diskurs in der Abfallwirtschaft bisher nur sehr zurückhaltend statt. Dabei wird sich auch die Abfallwirtschaft dem Umwandlungsprozess auf lange Sicht nicht entziehen können. Entsorgungsunternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken und zu erweitern.
Leitlinie für die Umsetzung und Ausgestaltung des digitalen Wandels ist der Datenschutz. Die Vielzahl digitaler Produktlösungen und die Spielräume bei der technischen Gestaltung ermöglichen es, die datenschutzrechtlichen Anforderungen von Anfang an in den Umwandlungsprozess mit einzubeziehen und so rechtliche Probleme zu vermeiden.
Vermeidung der Verarbeitung personenbezogener Daten
Der Anwendungsbereich des Datenschutzes ist nur eröffnet, wenn „personenbezogene Daten“ verarbeitet werden. Das Entsorgungsunternehmen hat es bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand, ob das Datenschutzrecht überhaupt zur Anwendung kommt. Es bietet sich an, digitale Produktlösungen von vornherein technisch so auszugestalten, dass personenbezogene Daten gar nicht erst erhoben werden. Das ist beispielsweise der Fall bei Abfallsortierstraßen in Behandlungsanlagen, die mit Sensoren ausgestattet sind, die in Echtzeit den Betriebszustand der Maschinen übermitteln (sog. CPS-Chips). Auf Identifikationschips an Abfallbehältern (sog. RFID-Chips) können statt konkreter Identifikationsdaten lediglich Pseudonyme oder abstrakte Kennnummern gespeichert werden. Ebenso sollten Transponder auf einzelnen Konsumgütern und Verpackungen (auch RFID-Chips) ausschließlich produktbezogene Informationen speichern und statt individueller Produkte lediglich Produkttypen kennzeichnen.
Rechtfertigung der Datenverarbeitung
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn einer der in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a) bis f) DSGVO genannten Rechtfertigungsgründe greift.
Besondere Vorsicht ist bei konkludenten Einwilligungen oder gar vorformulierten Einwilligungserklärungen geboten (lit. a), da diese in der Praxis den strengen formalen Anforderungen nach Art. 4 Nr. 11 und Art. 7 DSGVO nicht gerecht werden. So signalisiert das bloße Betreten einer videoüberwachten Räumlichkeit nicht unmissverständlich und eindeutig bestätigend die Einwilligung des Betroffenen in die Aufzeichnung seiner Person. In der Installation und Nutzung einer mobilen Service-App liegt keine konkludente Einwilligung in das Ausspionieren des Telefonspeichers.
DSGVO als Maßstab – Rechtfertigung durch das KrWG?
Entsorgungsunternehmen können sich in der Praxis vielfach auf die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung berufen (lit. c). Beispielsweise lassen sich RFID-Chips auf Abfallbehältern oder auf Verpackungen oder die Ermittlung von Abfallbehälterinhalten durch Roboter mit der gesetzlichen Pflicht zur abfallrechtlichen Überwachung und zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Abfällen gemäß §§ 49, 50 KrWG i.V.m. NachwV rechtfertigen.
In der Praxis oftmals einschlägig ist die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe des Verantwortlichen (lit. e) in Gestalt der hoheitlichen Abfallentsorgungsaufgabe nach § 17 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG. Hierunter lassen sich beispielsweise Füllstandsensoren fassen, die zur Verbesserung der Tourenplanung und damit zur Gebührensenkung beitragen und Anreize zur Abfallvermeidung schaffen, oder Chipkarten statt Barzahlung an Wertstoffhöfen, die zur Verkürzung der Wartezeiten führen.
In jedem Fall ist die Datenverarbeitung auf das absolut notwendige Maß zu beschränken (Grundsatz der Erforderlichkeit).
[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, kommunale Entsorgungsunternehmen und Abfallbehörden auch in Fragen des Datenschutzrechts. Weiteres zum Thema Digitalisierung in der Abfallwirtschaft erfahren Sie beim 21. [GGSC] Infoseminar „Erfahrungsaustausch Kommunale Abfallwirtschaft“ am 13. und 14.06.2019 in Berlin.