Ersetzung des Erörterungstermins durch Online-Konsultationen
Erörterungstermine in Genehmigungsverfahren sollen demnächst zeitlich befristet durch Online-Konsultationen ersetzt werden können.
Wegen der Corona-Pandemie wurden Erörterungstermine in laufenden Genehmigungsverfahren bisher vielfach verschoben (vgl. zu Energieanlagen den -> [GGSC] Energie-Newsletter April 2020. Nun wird deutlich, dass einige Einschränkungen länger bleiben werden. Die Bundesregierung plant deshalb, Verzögerungen in Genehmigungsverfahren durch ein zeitlich befristetes Planungssicherstellungsgesetz zu vermeiden.
Erforderlichkeit des Erörterungstermins
Hauptproblem ist der Erörterungstermin. Er ist für die Planfeststellung einer Deponie zwingend (§ 35 Abs. 2 KrWG i. V. m. § 73 Abs. 6 VwVfG). Für die Genehmigung anderer Abfallentsorgungsanlagen nach dem BImSchG steht er im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (§ 10 Abs. 6 BImSchG).
Mit dem geplanten Gesetz soll klargestellt werden, dass bei der Ermessensentscheidung, ob der Termin überhaupt stattfindet, Beschränkungen und Risiken infolge der Corona-Pandemie berücksichtigt werden können. Wie bereits in einem Schreiben des BMU an die Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) vom 03.04.2020 wird damit der Verzicht auf einen Erörterungstermin nahegelegt. Trotzdem bleibt eine pflichtgemäße Ermessensausübung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls notwendig.
Nach dem geplanten Gesetz soll in Verfahren, in denen auf einen Erörterungstermin nicht verzichtet werden kann – also in Planfeststellungsverfahren für Deponien –, eine Online-Konsultation genügen, wenn der Erörterungstermin bis zum 31.03.2021 nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen durchgeführt werden könnte.
Durchführbarkeit des Erörterungstermins
Ob und unter welchen Bedingungen ein Erörterungstermin durchgeführt werden kann, hängt von der jeweiligen Corona-Verordnung ab. Maßgeblich sind die Veranstaltungsverbote der jeweiligen Landesverordnung. Von diesen Verboten sind behördliche Veranstaltungen teils generell ausgenommen, so dass ein Erörterungstermin grundsätzlich zulässig sein müsste (z. B. Berlin 22.04.2020). Teils sind nur die notwendigsten Veranstaltungen erlaubt (z. B. NRW 27.04.2020). Soweit ein Erörterungstermin (wieder) zulässig ist, werden mutmaßlich auch in den kommenden Wochen und Monaten besondere Hygieneanforderungen (z. B. Abstandsgebot) und ggf. Teilnehmerbegrenzungen zu beachten sein.
Online-Konsultationen
Die geplante Online-Konsultation soll ein schriftliches Verfahren sein. Den Betroffenen sind zunächst die sonst im Erörterungstermin zu behandelnden Informationen, also Einwendungen und Stellungnahmen, über das Internet zugänglich zu machen. Dazu können sich die Betroffenen binnen einer behördlich zu bestimmenden Frist schriftlich äußern, auch per E-Mail. Die Äußerungen werden (auf Wunsch anonymisiert) veröffentlicht. Dazu können sich die Beteiligten binnen einer weiteren Frist erneut äußern.
Was ist mit Videokonferenzen?
Der Einsatz von Videokonferenzen ist nicht vorgesehen. Das überrascht, weil Videokonferenzen einem Erörterungstermin am ähnlichsten wären. An mündlichen Verhandlungen in Gerichtsverfahren können Beteiligte per Videotechnik teilnehmen (vgl. z. B. § 102a VwGO). Eine öffentliche Verhandlung in einem Sitzungssaal findet dennoch statt. Dazu können sich einer oder mehrere Beteiligte per Videotechnik zuschalten. Auf dem Justizportal des Bundes ist eine Liste von Gerichten mit Videotechnik veröffentlicht.
Aus unserer Sicht ist eine derartige ergänzende Beteiligung an Erörterungsterminen per Videokonferenz auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung zulässig. Sie kann – je nach der Zahl der erhobenen Einwendungen und den technischen Möglichkeiten der Behörde – einfacher und schneller umsetzbar sein als eine Online-Konferenz.
Erörterungstermine im Ermessen
Ob die Online-Konsultation auch an Stelle eines im Wege der Ermessensausübung für notwendig befundenen Erörterungstermins im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zulässig sein soll, ist im aktuellen Entwurf nicht ganz klar. Unseres Erachtens wäre sie als milderes Mittel gegenüber einem vollständigen Verzicht zulässig. Entsprechendes gilt für eine vollständige Ersetzung des Erörterungstermins durch eine Videokonferenz.
Der Entwurf des BMU (Stand 24.04.20) ist den Verbänden zur Anhörung vorgelegt worden. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht eingeleitet. Änderungen sind also noch möglich. Geplant ist die Verabschiedung des Gesetzes noch im Mai 2020.