Fragwürdige Forderungen der privaten Altkleiderbranche
Die Corona-Krise hat Auswirkungen auch auf den Alttextilmarkt. Die Fachpresse berichtet von vollen Lagern und ungünstigen Marktentwicklungen. Kommunen sehen sich durch Presseveröffentlichungen, aber auch durch direkte Ansprachen von Anbietern mit zum Teil fragwürdigen Forderungen konfrontiert.
Kommunen sollen zahlen
So hat beispielsweise der -> Fachverband Textilrecycling für private Textilsammler neben wohlmeinenden Ratschlägen für Bürger gegenüber Kommunen diverse Forderungen erhoben
- kostenfreie Entsorgungsmöglichkeiten für Störstoffe, die von den Verbrauchern in und um die Altkleidercontainerplätze herum „abgelagert“ werden, bereit zu stellen,
- Vergütungen an die Kommunen einzustellen,
- von Mietzahlungen für die gewerblichen Altkleidercontainer befreien,
- bei Ausschreibungen der Sammlung von Alttextilien für die Entsorgung der ungewollten Störstoffe eine Kostenübernahme durch die kommunalen Auftraggeber vorzusehen.
Ablagerungen rund um die Container sind weder neu noch ein Spezifikum der Corona-Krise. In der Regel enthalten bereits die betr. Entsorgungsverträge Vorgaben zur Sauberhaltung und Beräumung von Beistellungen. Handelt es sich um gewerbliche Sammlungen (ohne kommunalen Auftrag), bestehen zumeist Verpflichtungen im Zusammenhang mit den notwendigen Sondernutzungserlaubnissen.
Kalkulationsrisiko verwirklicht sich
Ob im Rahmen eines Entsorgungsauftrags Zurückbehaltungsrechte oder gar Anpassungsansprüche bestehen, ist eine Frage des Einzelfalls. Dabei ist ein Einnahmenrückgang zwar auch im Zusammenhang mit der Krise stehend, aber Teil des gerade für einen volatilen Markt typischen Kalkulationsrisikos des Bieters bzw. Auftragnehmers. Entsprechendes gilt für die Kostenseite, und sei es für Mietzahlungen für Abfallbehälter. Diese Risikoverteilung gilt erst recht im Falle von gewerblichen Sammlungen, die ohne kommunalen Auftrag erfolgen. Hier würde sich ohnehin die Frage der Finanzierung stellen, da derartige Fremdkosten für die Kalkulation von Abfallgebühren offensichtlich nicht ansatzfähig wären. Über die rechtlichen Erwägungen hinaus muten derartige Forderungen nach finanzieller Unterstützung schon deshalb merkwürdig an, weil aus vergangenen Hochpreisphasen – Altkleider erbrachten vor wenigen Jahren noch 600-700 €/Mg Erlöse – keine freiwilligen Erlösbeteiligungen zugunsten von Kommunen überliefert sind.
Übernahme von Störstoffen
Auch die geforderte Übernahme von Störstoffen bei Ausschreibungen begegnet Bedenken. Zum einen ergeben sich bereits Probleme aus praktischer Sicht: die Separierung von Störstoffen stellt eine Abfallbehandlung dar, die im Regelfall nicht bereits am Container erfolgen kann. Erfolgt die Trennung am Standort stellt sich die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass ausschließlich die spezifischen Störstoffe zugeordnet werden. Zum anderen ist die Überlassung von Störstoffen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch bei Ausschreibungen strittig und mitunter Gegenstand von Rügen. Private Entsorger reklamieren hier sonst für sich, keiner Überlassungspflicht zu unterliegen, da es sich insoweit ausschließlich um Abfälle zur Verwertung handele.
Zweifelhafte „Sonderangebote“
ÖrE und Kommunale Betriebe werden ansonsten unter Verweis auf die Corona-Krise verstärkt direkt von Anbietern angesprochen und aufgefordert, eine direkte, „ausschreibungsfreie“ Beauftragung von Entsorgungsdienstleistungen für Altkleider zu veranlassen. Ein solches Ansinnen erscheint in mehrfacher Hinsicht fragwürdig: die Corona-Krise rechtfertigt keinen Verzicht auf die Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen, es gelten lediglich im Einzelfall vergaberechtliche Sonderbestimmungen, wie an anderer Stelle ausführlich dargelegt Und soweit tatsächlich ein Preisverfall – oder gar eine Zuzahlung – eingetreten sein sollte, sind die Auftragswerte für die sog. Schwellenwerte bereits bei kleineren Mengen schon erreicht und europaweit bekannt zu machende Ausschreibungen angezeigt.