Newsletter Abfall September 2022

Mehr Digitalisierung wagen – auch für den Klimaschutz

Unser diesjähriges [GGSC]-Infoseminar am 23./24.06.2022 stand ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Anlass und Gegenstand war u.a. das Klimaschutzgesetz. Dieses hat es sich zur Aufgabe gemacht, zum Schutz vor den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten.

Auch für den Sektor der Abfallwirtschaft wird dort die Minderung von Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 vorgeschrieben. Um diese Vorgabe erfüllen zu können, muss sich die Abfallwirtschaft der digitalen Transformation öffnen. Hier stehen die Unternehmen noch ganz am Anfang. In der Kreislaufwirtschaft ist Abfall eine wertvolle Ressource. Die Unternehmen müssen sich verstärkt mit Wertstoffketten und Ressourcenmanagement auseinandersetzen und abfallrelevante Prozesse effizienter gestalten. Damit dies gelingt, bedarf es digitaler Lösungen.

Wie die Abfallwirtschaft zum Klimaschutz beiträgt

Das Klimaschutzgesetz gibt vor, dass die Abfallwirtschaft im engeren Sinne ihre Jahresemissionsmengen von 9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahre 2020 auf 4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent bis zum Jahre 2030 senkt. Das erfordert immerhin eine Minderung der Treibhausgasemissionen um mehr als die Hälfte. Ein Teilbereich der Abfallwirtschaft, der nach der Systematik des Klimaschutzgesetzes dem Energiesektor zugeordnet wird, stemmt sogar einen noch größeren Beitrag zur Treibhausgasreduktion: Die thermische Abfallverwertung muss dazu beitragen, im Energiesektor die 280 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahre 2020 auf 108 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent bis zum Jahre 2030 zu senken.

Wie lässt sich eine solche Mammutaufgabe bewältigen? In der Abfallwirtschaft steckt noch viel ungenutztes Potenzial. So lässt sich bspw. entlang des Lebenszyklus eines Produktes noch eine Menge Treibhausgas einsparen, und zwar durch Reduktion der Primärrohstoffe. Immerhin machen die Gewinnung und Erstverarbeitung von primären Rohstoffen ca. 50 % der fossilen CO2-Emissionen aus und führen zu erheblichem Flächenverbrauch sowie zur Beeinträchtigung der Biodiversität. Auch die aktuellen weltpolitischen Geschehnisse zeigen deutlich, dass Europas Wirtschaft künftig unabhängiger von Rohstoffimporten werden muss. Der Fokus der Abfallwirtschaft sollte daher auf der Nutzbarmachung von Sekundärrohstoffen liegen. Das jährliche Einsparpotenzial im Industriesektor durch eine effektive Kreislaufwirtschaft wird auf 45 – 50 % geschätzt; das entspricht etwa 80 – 90 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das Gebot der Stunde heißt also Abfallvermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung sowie Recycling – die ersten drei Stufen der Abfallhierarchie, die bis jetzt oft vernachlässigt wurden. Daneben bestehen auch in den Bereichen der Abfallsammlung und des ‑transports sowie der energetischen Verwertung noch Potenziale, Treibhausgase zu senken.

Die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette und die Gewährleistung einer effizienteren, nachhaltigen Kreislaufführung von Stoffen und Materialien erfordern teure Investitionen, Personalverstärkung sowie ‑weiterbildung, zusätzlichen organisatorischen sowie logistischen Aufwand und eine Vernetzung mit anderen Akteuren entlang der Prozesskette sowie in der Region. Dieser Kraftakt kann nur gelingen, wenn die digitalen Möglichkeiten und ihr enormes Einsparungspotenzial im Sinne der Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit voll ausgeschöpft werden.

Die vernetzte Entsorgung

Um ökologisch und ökonomisch effizient zu sein, ist es notwendig, alle Beteiligten der Wertschöpfungskette miteinzubeziehen. Von den Abfallerzeuger:innen über die Abfallsammlung und die Transportunternehmen bis hin zu den Behandlungsanlagen sind eine Vielzahl von Akteuren in die Kreislaufwirtschaft involviert. Erforderlich sind daher Schnittstellen zwischen den Beteiligten, Kommunikation in Echtzeit und Transparenz. Dies ist nur durch digitale Datenerfassung und die weitere Vernetzung und zielorientierte Nutzung der Daten möglich.

Direkte Kommunikation in Echtzeit bei der Abfallvermeidung, ‑trennung und ‑beratung

Ziel muss es sein, den Abfallerzeuger:innen den Beginn der Abfallprozesskette und ihre eigene Rolle in diesem Kreislauf verständlich zu machen. Bereits bei Kaufentscheidungen sollten Konsumenten ökologische Werte miteinbeziehen. Oft werden Verbraucher:innen auch getäuscht, indem ihnen ökologische Vorteile suggeriert werden, die so nicht der Wahrheit entsprechen. Erforderlich ist mehr Transparenz der Industrie und eine gesteuerte Kommunikation an die Verbraucher:innen.

Transparenz

Digitale Lösungen können die Transparenz zu Endkund:innen ermöglichen und so die Kaufentscheidung am Regal beeinflussen, bspw. durch einen QR Code oder ein digitales Preisschild mit Mehrinformationen zum Produkt. Eine transparente Kommunikation über Verpackungsmaterialien und deren Trenn- sowie Recyclebarkeit hilft außerdem die individuelle Trennqualität des Hausmülls zu steigern. Denkbar wäre auch eine intuitive Pfand-Sammel-App mit Belohnungselementen. Solche Systeme können bei Konsumenten Bewusstsein und Motivation schaffen, den Kreislauf aktiv mitzugestalten.

Abfall-Analyse

Ebenso kann die Analyse des Abfalls nicht nur in der Gesamtheit, sondern auch personalisiert erfolgen, bspw. durch Wertstoffscanner mit Bild- und Berechnungsdaten in Echtzeit. Die erhobenen Daten können dazu genutzt werden, die Abfallberatung effektiv und bedarfsgerecht auf einzelne Haushalte anzupassen, um die individuelle Trennqualität zu verbessern. Lokale Maßnahmen zur Optimierung können besser geplant werden. Nur so können gesetzliche Vorgaben erfüllt, eine effiziente und ökologische Wiederverwertung garantiert und Kosten der Nachsortierung verringert werden.

Kundenkontakt

Telefonzentralen und aufwändige Papierformulare können durch digitale Kundenportale ersetzt werden, über die die gesamte Kommunikation mit den Abfallerzeuger:innen stattfinden kann. So können dort alle Formulare, Rechnungen und sonstige Belege zur Verfügung gestellt und zentral verwaltet werden oder bspw. an bevorstehende Abfuhrtermine erinnert werden. Hierdurch werden Personal- sowie Zeitaufwand reduziert, die Fehlerquote gesenkt und der Service gegenüber den Abfallerzeugern verbessert. Die Konsumenten von heute sind digital verwöhnt und bequem: Sie erwarten Transparenz, Flexibilität, die rasche Bereitstellung von Services, unbürokratische Prozesse, attraktive Preise und umfassende Benutzerfreundlichkeit.

Auch in anderen Bereichen der Abfallwirtschaft lassen sich Prozesse durch digitale Anwendungen optimieren. Warum nicht bei der Abfallsammlung und beim ‑transport durch eine App die Routen effizient und dynamisch planen, Fahrzeugverwiegungen dokumentieren, neue Fahrer einarbeiten und ganze Teams koordinieren? So lassen sich Ressourcen sparen, der Service gegenüber den Bürger:innen verbessern und Effizienzeinbußen reduzieren. Als Hemmschuh bei der fortschreitenden Digitalisierung wird oft der Datenschutz gesehen.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, kommunale Entsorgungsunternehmen und Abfallbehörden auch in datenschutzrechtlichen Fragen.

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