Newsletter Bau Juni 2021 - Thema Preissteigerung am Bau

Bau 2: Welche Auswirkungen haben gestörte Lieferketten auf die Fristen in den Bauverträgen?

Weiterhin kommt es aktuell häufig vor, dass Auftragnehmer dem Auftraggeber mitteilen, dass sie Vertragsfristen wegen Lieferproblemen nicht einhalten können.

In der Regel berufen sich die Auftragnehmer dann auf „höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände“ (§6 Abs. 2 Nr. 1c VOB/B) und verlangen eine entsprechende Anpassung der Vertragsfristen. Konkret geht es z.B. darum, dass aufgrund der sprunghaften Erholung der Wirtschaft Holz auf dem Weltmarkt knapp ist und daher der Hersteller von Türen für die Innenausstattung nicht in den üblichen Zeiträumen liefern kann sondern überhaupt nicht zusagen kann, wann eine Lieferung stattfinden kann.

Dabei gilt grundsätzlich: Höhere Gewalt ist ein unvorhersehbares, von außen einwirkendes Ereignis, das auch durch äußerste, nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt wirtschaftlich vertretbar nicht abgewendet werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit hinzunehmen ist. Ob das zutrifft, muss im Einzelfall geprüft werden. Der Unternehmer, der sich auf höhere Gewalt beruft, muss die diese begründenden Umstände zudem beweisen.

Höhere Gewalt wird man also schon dann nicht mehr annehmen können, wenn die Parteien den Vertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen haben, zu dem die Auswirkungen der Corona-Pandemie oder anderer Einflüsse auf den Markt absehbar waren. Auch ist zu klären, ob z.B. Lieferschwierigkeiten tatsächlich auf die Schwierigkeiten auf dem Weltmarkt oder anderweitige Pflichtverletzungen des Auftragnehmers wir z.B. eine verspätete Werkplanung zurückzuführen sind. Das ist im Einzelfall natürlich hoch streitig. Da die Darlegungslast hier beim Auftragnehmer liegt, der sich auf höhere Gewalt beruft, ist dieser gut beraten, hier sehr genau darzulegen, warum in die konkreten Auswirkungen bei Vertragsschluss nicht absehbar waren. Bei Verträgen, die vor Beginn des Jahres 2020 geschlossen wurden, konnten die Parteien jedenfalls natürlich noch nicht im Entferntesten mit den Verwerfungen rechnen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben. In diesem Fall wird man höhere Gewalt unter zwei Bedingungen annehmen können:

  1. Der Auftragnehmer ist seinen vertraglichen Pflichten stets fristgerecht nachgekommen und hat auch die erforderlichen Bestellvorgänge mit einem grundsätzlich marktüblichen Vorlauf eingeleitet. Hat der Auftragnehmer hingegen bereits vertragliche Fristen zum Beispiel für die Vorlage einer Montageplanung nicht eingehalten und ist dies die Ursache dafür, dass im Ergebnis sein Lieferant nicht rechtzeitig liefern kann, scheidet höhere Gewalt als Ursache für das Fristversäumnis aus.
  2. Hat sich der Auftragnehmer vor diesem Hintergrund allerdings vertragsgemäß verhalten, muss er in jedem Fall noch nachweisen, dass sein Lieferant tatsächlich in Lieferschwierigkeiten ist.

Im Ergebnis reicht es also nicht aus, dass sich die Auftragnehmer im Falle von Lieferverzögerungen bei Nachunternehmern pauschal auf höhere Gewalt berufen, wenn sie Vertragsfristen nicht einhalten können.

Sie müssen die Umstände konkret darlegen und begründen. Auftraggeber sollten von den Auftragnehmern dann mindestens verlangen, dass sie den zeitlichen Ablauf ihrer Bestellungen im Verhältnis zu den vertraglich vereinbarten Fristen/ Meilensteinen genauer darstellen und darlegen, bei welchem Gewerk sie wann welche Materialien bestellt haben. Auftragnehmer müssen also darlegen, dass sie an dem konkreten Lieferproblem keine eigene Schuld trifft, weil sie alles getan haben, um die Voraussetzungen für eine fristgerechte Lieferung beziehungsweise Fertigstellung ihrer Leistung sicherzustellen.

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