Newsletter Bau Juni 2021 - Thema Preissteigerung am Bau

Vergabe 3: Darf man als öffentlicher Auftraggeber das gesamte Vergabeverfahren unter einen Kostenvorbehalt stellen?

Grundsätzlich steht es dem Auftraggeber frei, den Beschaffungsgegenstand nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen zu definieren. Nur er weiß, welche Leistungen er in welchem Umfang benötigt. Dies entspricht dem Grundsatz der Privatautonomie, der zumindest bei der Festlegung des Beschaffungsgegenstandes ebenso für den öffentlichen Auftraggeber gilt. Das Vergaberecht regelt also nicht das „Was“ der Beschaffung, sondern vielmehr das „Wie“ der Beschaffung.

Von dem Grundsatz umfasst ist auch die Vorgabe eines maximalen Budgets im Sinne einer Preis- bzw. Kostenobergrenze (vgl. EuG, Urt. v. 13. September 2011 - Rs. T-8/09). Der Öffentliche darf also die Einhaltung einer Kostenobergrenze als Ausschlusskriterium vorgeben, um so seinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Demnach werden nur Angebote gewertet, die die Kostenobergrenze einhalten. Angebote, die das Budget überschreiten, können ausgeschlossen werden.

Grenzen sind dem öffentlichen Auftraggeber bei der Festlegung seines Budgets als Ausschlusskriterium erst dort gesetzt, wo er seine Stellung missbraucht, indem er Ware oder Leistungen unter dem Marktpreis versucht, zu beschaffen bzw. die Preisobergrenze so niedrig angesetzt ist, dass mangels potentieller Bieter kein Wettbewerb mehr stattfinden kann ( vgl. OLG Koblenz, B. v. 04.02.2014 - Az.: 1 Verg 7/13). Gleiches gilt, wenn ein Vergabeverfahren aus bloßer Markterkundungsabsicht gestartet wird, ohne ernsthaftes Interesse an einer Beauftragung zu haben. Missachtet der öffentliche Auftraggeber diese Grenzen und legt ein übermäßig niedriges Budget fest, geht er zum einen das Risiko eines Nachprüfungsverfahrens ein, zum anderen läuft er Gefahr, keine bzw. keine wertbaren Angebote zu erhalten. Er muss das Vergabeverfahren  dann aufheben und mit geänderten Bedingungen wiederholen (1. VK Sachsen, B. v. 20.06.2014 - Az.: 1/SVK/017-14). Beides verursacht Kosten und unnötigen Zeitverlust.

Letztlich dient die Festlegung eines angemessenen Budgets daher vor allem dem öffentlichen Auftraggeber. Dieser hat regelmäßig ein großes Interesse, möglichst viele Angebote zu erhalten. Dadurch lassen sich auch spätere Nachtragsdiskussionen vermeiden. Daher sollte der öffentliche Auftraggeber unter fairen Preisbedingungen ausschreiben oder, sollte das Budget sehr knapp bemessen sein, darüber nachdenken, Beschaffungsgegenstand zu reduzieren.

Weitere Artikel des Newsletters

Wie sich Baupreissteigerungen und Lieferschwierigkeiten auf das Verhältnis Bauherr – Planer in laufenden Projekten auswirken, ist stark einzelfallabhängig und hängt ab a) von den Regelungen im jeweiligen Vertrag zu den Kosten- und Terminplanungspflichten sowie b) von den konkreten Störungen im konkr...
weiter
Ist es dem Auftraggeber gelungen, viele Angebote für seine Ausschreibung zu generieren, kommt es gerade auch mit Blick auf die aktuellen, massiven Preissteigerungen vor, dass dies Angebote deutlich über dem vom Auftraggeber geplanten Kostenrahmen liegen.
weiter