Deponien für mineralische Abfälle (DK 0 und I)
Ob und wann die Mantelverordnung – mit der Ersatzbaustoffverordnung für mineralische Abfälle – kommt, ist weiterhin ungewiss. Das Bundesumweltministerium und die Bundesländer konnten sich auch im September nicht auf eine gemeinsame Linie einigen; es wurde eine neue Arbeitsgruppe eingerichtet.
Ob und mit welchem Inhalt die Ersatzbaustoffverordnung auch kommt – Deponien für mineralische Abfälle werden weiterhin gebraucht. Die Deponiekapazitäten für DK 0- und DK I-Abfälle sind in zahlreichen Regionen in Deutschland schon erschöpft oder werden in den nächsten Jahren knapp. Dies ist ablesbar an den Abfallwirtschaftsplänen und Bedarfsprognosen der Bundesländer, aber auch an teils massiven Preissteigerungen für die Deponierung bestimmter mineralischer Abfälle.
Entsorgungsverantwortung: örE
Verantwortlich für die Schaffung der Deponiekapazitäten sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE). Diese sind nach § 20 Abs. 1 KrWG zur Beseitigung mineralischer Abfälle verpflichtet, soweit diese nicht ordnungsgemäß verwertet werden. Von dieser Entsorgungspflicht wird der örE nur für diejenigen mineralischen Abfälle frei, deren Entsorgung er in der Satzung (mit Zustimmung der Behörde) ausgeschlossen hat (§ 20 Abs. 2 KrWG). Die Vollzugspraxis in den Bundesländern ist höchst unterschiedlich: Während in manchen Bundesländern von dieser Ausschlussmöglichkeit kaum Gebrauch gemacht wird (z. B. in Baden-Württemberg) – also die örE für alle mineralischen Abfälle entsorgungspflichtig sind – werden in östlichen Bundesländern in vielen Fällen mineralische Massenabfälle nicht nur vom Einsammeln und Transportieren, sondern insgesamt von der Entsorgung ausgeschlossen.
Korrespondierend zur Entsorgungspflicht des örE ist der Erzeuger bzw. Besitzer der mineralischen Abfälle verpflichtet, diese dem örE zu überlassen, sofern die Abfälle nicht verwertet werden (§ 17 KrWG). Die örE muss die überlassenen Abfälle annehmen – unabhängig von dem Vorhandensein ausreichender Deponiekapazitäten und eines entsprechenden Gebührentatbestandes.
Entsorgungsmarkt für die Deponierung
Ungeachtet dieses öffentlichen Entsorgungsregimes ist die Deponierung mineralischer Abfälle ein wachsendes Betätigungsfeld für die private Entsorgungswirtschaft. Dieser Entsorgungsmarkt speist sich nur zum Teil aus Kooperationen mit örE (Auftragsvergabe/„Drittbeauftragung“) und aus mineralischen Abfällen, die der jeweilige örE von der Beseitigung ausgeschlossen hat. In Regionen, in denen die örE nicht selbst Deponien errichtet oder private Deponiekapazität vertraglich gebunden haben, fließen die Abfallströme in (teils unbekannte) Verwertungswege und zu privat betriebenen Deponien. Vermutlich wird daher ein erheblicher Teil der eigentlich den örE „zustehenden“ mineralischen Abfällen von privaten Deponiebetreibern „auf eigene Rechnung“ entsorgt. Dieser Entsorgungsmarkt – gewissermaßen neben dem „örE-Regime“ – wird auch für örE zunehmend attraktiv. Abgesehen davon, dass die Bereitstellung der erforderlichen Deponiekapazitäten eine Pflichtaufgabe der örE ist (s.o.), bieten die Kapazitätsengpässe auch Chancen. ÖrE, die rechtzeitig Genehmigungsverfahren für DK 0/I-Deponieabschnitte auf den Weg bringen, können zum einen die Entsorgungssicherheit für ihr Gebiet gewährleisten und daneben im Interesse der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens und unter Beachtung der Überlassungspflichten und des Vergaberechts auch benachbarten örE sowie Entsorgungspflichtigen in der gesamten Region ein Entsorgungsangebot unterbreiten.
Relevante Aspekte in Genehmigungsverfahren
Da die Standortsuche für neue Deponien langwierig und bei allen Verantwortlichen, Mitwirkenden und Betroffenen unbeliebt ist, werden in erster Linie Bestandsdeponien genutzt, um diese mit neuen Deponieabschnitten für mineralische Abfälle zu erweitern. Die Genehmigungsverfahren für neue DK 0/I-Deponien bzw. Deponieabschnitte sind in den letzten Jahren anspruchsvoller geworden, dabei konnte [GGSC] in einer Reihe von Verfahren wertvolle Praxiserfahrungen sammeln:
Die Planrechtfertigung – Nachweis des Bedarfs – ist bei DK/I-Deponien derzeit kein größeres Hindernis, weil die Grundlagen für die Bedarfsprognosen (Gegenüberstellung der Prognosen für Abfallmengen- und Deponiekapazitätsentwicklung) in den Bundesländern gut aufbereitet sind. Allerdings ist der Bedarfsnachweis im Einzelfall weiter herunter zu brechen auf den geplanten Einzugsbereich der Deponie. Hierfür spielt wiederum eine Rolle, ob auch Abfälle aus dem Bereich benachbarter örE angenommen werden sollen. Regelmäßig ist ein neuer Deponieabschnitt eine „wesentliche Änderung“ der Bestandsdeponie, es ist ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen (§ 35 Abs. 2 KrWG). Fachtechnische und rechtliche Herausforderungen sind zu bewältigen, wenn der Deponieabschnitt auf einer Bestandsdeponie errichtet werden soll. Dies gilt besonders bei der Überbauung vorhandener Deponieabschnitte („Deponie auf Deponie“).
Schwierigkeiten treten auf, wenn die Bestandsdeponie teilweise nicht dem heutigen Stand der Technik (Deponieverordnung) entspricht bzw. wenn für die Standortvoraussetzungen und die Abdichtungssysteme der Nachweis dieses Standards nicht nach den aktuell geltenden Regeln erbracht werden kann. Um gut durch das Genehmigungsverfahren zu kommen, ist es dann oft erforderlich, die Genehmigungslage der Bestandsdeponie aufzuarbeiten. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass diese im Rahmen des Erweiterungsvorhabens ordnungsgemäß stillgelegt werden kann.
Klagerechte von Umweltverbänden
Enorm an praktischer Bedeutung gewonnen hat die Mitwirkung von Umweltverbänden im Planfeststellungsverfahren. Die Klagerechte nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz haben den anerkannten Umweltverbänden ein effektives Instrument gegeben, um Verfahrensfehler nicht nur zu rügen, sondern Deponieprojekte zu stoppen. Verfahrensfehler, die eine entsprechende Intervention eines Umweltverbandes aussichtsreich machen, sind insbesondere: Plangenehmigung anstelle der gebotenen Planfeststellung, Fehler bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), Nichtbeachtung des Standes der Technik (z. B. geologische Barriere, Abdichtungssysteme), Abwägungsfehler.
Verfahrensfehler können zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) geheilt werden, selbst wenn das gesamte Planfeststellungsverfahren nebst UVP nachgeholt werden muss (z. B. wenn fehlerhaft lediglich ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt wurde). Voraussetzung ist allerdings, dass keine Hindernisse für die Erteilung der Genehmigung ersichtlich sind (BVerwG, Urteil 27.09.2019, 7 C 24.16). Während der Heilung dieses Verfahrensfehlers – Wiederholung der unterlassenen oder fehlerhaften Verfahrensschritte (z. B. UVP) – darf mit dem Vorhaben nicht begonnen werden, bzw. muss das Vorhaben ausgesetzt werden. Zu verweisen ist auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 29.07.2019, RS. C-411/17) und des BVerwG (Urteil vom 24.05.2018, 4 C 4.17).
Selbstständige und wachsende praktische Bedeutung hat der Artenschutz. Werden durch ein Projekt besonders geschützte Arten oder ihre Lebensräume beeinträchtigt, können Umweltverbände Fehler (z. B. bei der Bestandserfassung oder bei Ausgleichsmaßnahmen) gesondert vor den Verwaltungsgerichten rügen und so Projekte zumindest vorübergehend stoppen.
Die Interventionsmöglichkeiten von Umweltverbänden haben zu einer spürbaren Steigerung von Umfang und Qualität der Genehmigungsunterlagen geführt. Diese werden von den Genehmigungsbehörden (und ggf. Gerichten) zunehmend bis in die fachlichen Details hinein auch aus rechtlicher Sicht einer Prüfung unterzogen. Sofern die Genehmigungsunterlagen und das Verfahren professionell strukturiert und nachvollziehbar (auch für Juristen) gestaltet sind, können die gestiegenen Herausforderungen bewältigt werden.
[GGSC] berät örE in Genehmigungsverfahren für DK 0/I-Projekte und bei allen Formen der interkommunalen Kooperation sowie bei Kooperationen mit privaten Partnern.