Newsletter Abfall November 2019

Der PPK-Kompromissvorschlag ist nicht zu empfehlen

Zunächst die wiederholende Information, dass der VKU den Kompromiss zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Systembetreibern vom 01.10.2019 nicht mitträgt.

Kompromiss ohne VKU

Der VKU spricht nach seiner grundsätzlichen Ablehnung des Verzichts auf den Volumenfaktor auch davon, jeder örE solle rechnen, wie er nach dem Kompromiss wirtschaftlich stehen würde. Das wollen wir kurz exemplarisch darlegen:

  • Wer niedrige Vollkosten hat und gute Erlöse erzielt, der kann bspw. bei 80,00 €/t Vollkosten und Erlösen von 80,00 €/t auf 160,00 (Summe aus Mitentsorgungsentgelt + Behaltendürfen der Erlöse) und damit auf einen Kostenfaktor von 2,0 kommen.
  • Wer Vollkosten von 120,00 € hat, müsste 90,00 € Erlöse vertraglich gebunden haben, um auf 210,00 € und damit auf den Faktor 1,75 zu kommen (120,00 €/t x 1,75 = 210,00 €/t).

Es ist also durchaus denkbar, den Kompromissfaktor ≥ 1,75 und damit eine angemessene, wenn auch nicht ausdrückliche Berücksichtigung eines Volumenanteils zu erreichen. Für viele örE dürfte sich der Kompromissvorschlag aber von vornherein als nicht akzeptabel erweisen. Die Erlössituation in den Verwertungsverträgen wird in den nächsten Jahren vielerorts unter 80 €/t liegen. Die örE tragen insoweit nach dem Kompromiss nicht nur das Vermarktungsrisiko; die örE werden schlicht nicht auf eine Deckung der Kosten unter Berücksichtigung eines angemessenen Volumenfaktors von > 200 €/t kommen.

Es muss nochmals in aller Deutlichkeit herausgestellt werden, dass man sich von Seiten der örE nicht für die Vorgabemöglichkeit eines Volumenfaktors in § 22 Abs. 4 Verpackungsgesetz eingesetzt und immer wieder auf die Veränderung der PPK-Zusammensetzung u. a. mit Blick auf den enorm gewachsenen Versandhandel hingewiesen hat, um nunmehr diese Nutzungsverschiebung nicht auch den Systemen in Rechnung stellen zu können. Die Systeme müssen sich an die Inverkehrbringer halten und die Inverkehrbringer sollen zu einer Reduktion der Verpackungsabfälle beitragen. So war das doch mit der Produktverantwortung gemeint! Erste Reaktionen aus dem Kreis der örE lassen erwarten, dass der Empfehlung nicht in größerem Umfang gefolgt werden wird.

Warnung: Abstimmungsvereinbarung nicht unbefristet abschließen

Der VKU fordert – wie [GGSC] – keiner sogenannten Übergangsregelung zuzustimmen, wenn nur die Anlage 7 und nicht auch die ausstehende Abstimmungsvereinbarung befristet ist. Die Erarbeitung einer zu dem Kompromiss passenden Anlage 7 ist dem Vernehmen nach zwischenzeitlich abgeschlossen. Wie zu befürchten war, ist nur für die Anlage 7 eine Begrenzung der Geltungsdauer für den Übergangszeitraum von 2019 bis 2021 geregelt. Die sogenannte Orientierungshilfe wurde nicht „angefasst“, also bleibt es bei dem seinerzeitigen Vorschlag, Abstimmungsvereinbarungen unbefristet abzuschließen. Das ist vom Verpackungsgesetz nicht gefordert. Die alte Anlage 7 sah eine Möglichkeit der Kündigung der Abstimmungsvereinbarung als letztes Mittel noch vor.

Dem neuen Vorschlag zu folgen wäre unklug, denn sobald die Systeme eine unbefristete Abstimmungsvereinbarung haben, wird es – zurecht – zu dem alten Kampfruf kommen: Einmal abgestimmt, ist immer abgestimmt! Für die Verhandlung einer Fortführung der (befristeten) Anlage 7 nach 2021 hätten die betreffenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wenig Verhandlungsmacht. Die Systeme könnten versucht sein, die Mitentsorgungsbedingungen für die örE zu verschlechtern. Soweit örE widerspenstig sind, lässt man sie zumindest einige Zeit ohne jegliche Entgeltleistungen und besorgt sich die fehlenden Verwertungsnachweise über den Handel mit Nachweisen aus der Verwertung von PPK-Verkaufsverpackungen aus dem Bereich anderer Anfallstellen.

Es hat jedenfalls noch keiner aufzeigen können, wie nach dem vorgeschlagenen Übergangszeitraum von 2019 bis 2021 eine bessere Regelung für die örE erwirkt werden soll. Der Verzicht auf den Volumenfaktor würde ein Dauerzustand werden.

Austausch der örE ist geboten

Vielerorts treffen sich in den nächsten Wochen die örE, um gemeinsam ihre Situation zu besprechen. Der Strategiekreis Verpackungsgesetz trifft sich erneut am 06.11.2019 in Hannover.

Manchmal klingt die Sorge durch, enge Absprachen könnten kartellrechtliche Bedenken auslösen. Die Verständigung zur Haltung zu dem Kompromiss ist eine Grundsatzfrage der Gesetzesanwendung und keine Kartellbildung. Vor allem aber nur ein kleiner Versuch mit den Systemen auf einigermaßen gleiche Augenhöhe zu kommen. Die Systeme treffen sich in ihrem „2/3-Kreis“ zeitweise wöchentlich zu intensivster Abstimmung nach § 22 Abs. 7 Verpackungsgesetz.

Vielleicht sehen wir uns auch in der kommenden Woche am 05.11.2019 beim -> [GGSC] Intensivseminar VerpackG in Erfurt. Nähere Informationen finden Sie hier.

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