Effektivitätserwägungen bei Störerauswahl und rechtliche Einordnung von untrennbaren Abfallgemischen
Die Betreiberin einer Silageanlage kann auf der Grundlage des § 62 KrWG durch Bescheid dazu verpflichtet werden, verschiedene – teilweise von Dritten – auf den von ihr gepachteten Grundstücken abgelagerte Abfälle zu entsorgen bzw. zu verwerten. Dies hat das Verwaltungsgericht Greifswald in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 07.06.2019 (Az.: 5 B 616/19 HGW) entschieden.
Der Beschluss ist zwischenzeitig durch das OVG Greifswald (Az.: 1 O 456/19) bestätigt worden. Der Beschluss enthält Ausführungen zu Effektivitätserwägungen bei der Auswahl des heranzuziehenden Störers sowie zur Einordnung von Abfallgemischen nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG).
Effektivität rechtfertigt Inanspruchnahme des Grundstückspächters
Nach Ansicht des Gerichts sind bei der Entscheidung, ob Abfallerzeuger, Abfallbesitzer oder andere Personen für die Entsorgung von rechtswidrig abgelagerten Abfällen zuständig sind, sowohl das Verursacherprinzip als auch die Grundsätze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, Zumutbarkeit, sowie Effektivität in das behördliche Ermessen mit einzubeziehen. Effektivitätserwägungen können hierbei wegen der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle grundsätzlich für eine Inanspruchnahme des Abfallbesitzers sprechen.
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht verschiedene Formen des Abfallbesitzes gegenüberzustellen: Die Silageanlage befindet sich auf sieben Grundstücken, die im Eigentum von vier Eigentümern stehen. Alle Grundstücke hatte die Anlagenbetreiberin gepachtet. Zu entscheiden war, ob hier die Grundstückseigentümer oder die Pächterin zur Entsorgung heranzuziehen waren. Im Gegensatz zu den verschiedenen Grundstückseigentümern war der Abfallbesitz der Anlagenbetreiberin, welche auch teilweise die Abfälle selbst versursacht hatte, jedoch nicht auf einzelne Teilflächen beschränkt. Da sie als Pächterin aller zur Anlage gehörenden Flurstücke Verfügungsgewalt über das gesamte Anlagengrundstück hatte, erschien ihre Auswahl als erfolgsversprechender und sie konnte nach Ansicht des Gerichts ermessensfehlerfrei unter dem Gesichtspunkt effektiven Verwaltungshandelns als Pflichtige bestimmt werden.
Futtermittelreste, Kompost und Boden als dem KrWG unterliegendes Abfallgemisch
Das Verwaltungsgericht hatte sich außerdem mit der Frage zu befassen, wie und ob die auf dem Anlagengrundstück abgelagerten Abfallarten nach dem KrWG einzuordnen bzw. zu beurteilen waren. Streitig war diesbezüglich die behördliche Anordnung, Futtermittelreste, Kompost und unbelasteten Boden aufzusammeln und zu verwerten, da diese – so die Sichtweise der Anlagenbetreiberin – als organische Stoffe wie Fäkalien, Stroh und tierische Nebenprodukte gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG von den Regelungen des KrWG ausgenommen sein sollten. Entgegen dieser Ansicht vertrat das Gericht die Auffassung, dass es sich bei den abgelagerten Stoffen um Abfallgemische handelt, welche in ihrer Gesamtheit durchaus den Regelungen des KrWG unterliegen: Die Futtermittelreste, welche grundsätzlich nach Düngemittelrecht zu beurteilen sind, waren vorliegend derart mit illegal entsorgtem Rasenschnitt und Gartenabfällen (Bioabfälle i. S. d. § 3 Abs. 7 Nr. 1 bzw. 4 KrWG) vermengt, dass ein untrennbares Gemisch von Abfällen entstanden war. Gleiches galt auch für den auf dem Grundstück aufgefundenen Boden. Hier war entscheidend, dass sich der Boden in Haufwerken befand, die mit zu beseitigendem Abfall durchmischt waren.